Point Kellergasse
Kellergasse | |
---|---|
Bild: | ![]() |
Kellergassenname: | Point |
Alternative Namen: | Pointnen, Pointn, Peunt (historisch) |
Ort: | Zellerndorf (Ort) |
Länge: | 260 Meter |
Anzahl Presshäuser: | 16 |
Anzahl Vorkappel: | 2 |
Anzahl Keller: | 5 |
Besonderheiten: | Vermutlich die älteste Kellergasse im Ort neben der Hundslauf Kellergasse |
Erste Erwähnung: | 1782, als Weingartenflur 1457 |
Schutzstatus: | Keiner |
Lage | |
Google Maps Route anzeigen |
Allgemeines
Mit einer Gesamtlänge von ursprünglich etwa 700m ist die geschlossene Kellergasse heute auf nur 260 m geschlossene Kellergasse geschrumpft. Die Point-Kellergasse ist bezeichnet nach der gleichnamigen Flur in der sie liegt. Die Gegend entlang des Pulkau-Bächleins wird begrenzt vom Schrattenbach im Westen, von der Flur Breitnen, entlang der Pulkau im Süden und der Pillersdorfer-Straße L1065 im Osten. Nach Norden hin steigt die Flur Point (auch Pointnen) den Altenberg hinauf, wo sie von einer Abrisskante begrenzt ist. Die Ausrichtung der Flur Point ist südlich, was sie zu einem idealen Weinbaugebiet macht.

Geologie
Die Südlich ausgerichteten Böden der Point sind im Osten fruchtbare Lössböden, die darunter in Sand übergehen. Erst weiter im Westen dringt der Altenberg als Ausläufer der Böhmischen Masse durch den Boden und verkargt ihn mit seinem groben Granit, einem Thaya-Batholith aus dem Erdmittelalter (Entstehungszeit 570 bis 660 Millionen Jahre vor heute).

Geschichte
Die Flur wurde vermutlich bereits vor Jahrtausenden besiedelt. Aus den 1930er Jahren ist ein bronzezeitlicher Fund bekannt, wobei es aufgrund der schlechten Dokumentation nicht ganz klar ist, ob es sich um eine bronzezeitliche Abfallgrube oder eine Wohngrube gehandelt hat. Auch der Verbleib und genaue Inhalt des Fundkomplexes ist unklar. Aufgrund der Topografie ist eine frühe Besiedelung aber sehr wahrscheinlich, da es einerseits nahe der Pulkau und des Schrattenbaches war, andererseits aber überschwemmungssicher, weil Hanglage. Allerdings fehlen hier archäologische Oberflächenfunde gänzlich. Auf Brachen ist auffälliger Bewuchs zu erkennen, der auf diesem seit Jahrhunderten bearbeiteten Land aber auch natürliche Ursachen haben könnte. Zudem könnte die besagte Abrisskante ein Indiz dafür sein, dass die gesamten Besiedelungsspuren, so es welche gab, einfach in tiefergelegene Schichten geschwemmt wurden, bzw. in der Folge von der Pulkau fortgeschwemmt worden sind. Hier könnten nur archäologische Grabungen oder Magnetikprospektionen Aufklärung bringen.
Alter
Erste Erwähnung
Die älteste urkundliche Erwähnung der Point (als „Peunt“ bezeichnet), findet sich in einem Brief des Ulrich von Eyczing (selbst schreibt er sich „Ulreich Euzinger von Euczing“), allerdings ist von einer Kellergasse noch nicht die Rede, sondern nur von Weingärten. Der Brief ist datiert auf den 20.05.1457 und berichtet von der Überschreibung zweier Weingärten an die Kirche gegen eine Jährliche Messe. Die besagte Kirche ist die heutige „Philip und Jakob“ Kirche, damals noch als Marienkirche (Zu unserer lieben Frau, gemeint ist die Muttergottes) geweiht. Besonders interessant ist, dass er die Grundstücke von seinem „Suvari“ geerbt hat, der Türkischen Bezeichnung für "Reiter". Gegen Ende wird die Schrift so schlampig, dass von den Zeilen 13/14/15/19/20 ein Teil nicht transkripiert werden konnte. Der Brief ist im Besitz des Stiftes Schotten in Wien. Er beweist, dass in der Point schon vor fast 600 Jahren Wein angebaut wurde und zwar durchaus kleinräumig.

Transkription
Ich Ulreich Euzinger von Euczing Bekem offemhira mit dem Brief Und tun
kund allen den er fürkumbt, Als her Steffan pawswege seliger, ottmann vwari zu
Zellderndorff gewesen ist, Zwen Weingärten gehabt hat, der ain genane der troffole
gelegen im Wulperig des am Virtal ist, davon man mir järlich dient achthalben
phennig, der ander genat 8 phening gelegn in den pewuntn, des … …tal ist, davon man
...auch lezlich(?) ..une fünfzehn phennig, alles zu samt Michels Tag, zu mein Ambt gein
Schreitental, und die benannten zwen Weingärten von mir Zepurkchrerbt sind. Also hat der egenat
her Stephan dieselben Zwen Weingärten geschafft zwo am ebigen Jar tag. Im und all sein
vornorde und nach können, und all gelawbing solln zwo und frawon gein zellderndorff
den man jezhira begeen sol, mit ainer sigili und neuen(?) herzen und am Sehambt, des,
Suntag nach sand(?) Johanns tag und für sew pitten auf dem predigtstwall(?), Wär ab das
der pharrer die Weingärten nicht pawet(?pachtet?), oder den Jaxtag(?) nicht begienng, so mag und
sol am Zechmaister(?) des Botshaw.. unser frawn zu Zellerndorff, sich der Weingärten
under(?) winden(?), und lezlich davon geben, ainem pharrer daselbe am phune phennig
damit der Jartag nicht abgee, an alle wider … aind … pharrer oder Si..ri
zu Zellderndorf vngenärchig(??), Also bestett ich obgenanter Ulrich von Euczing die
obgenannten Zwen Weingärten, zu Luasst(?) des briefs, Zu dem ogenanten Botshaws(?)
unser frawn zu Zellderndorf, was ich Ver..lieg dawan(?) Zubestetten hab, als dann
sohei..s puwhrgwergts(??), Im Land Ze Österich recht ist, doch und mein(?) eriben(?)
an unser purchbewergt und geretbatikont voigwissemhirg. Des Zwo Schund gib
ich den Brief besigalten, mit meinem angehangundem Zunsigl. Der geben ist
Zu Schratentall. Nach Cristi geburt Tawsomt Vier Hundert und
gar nach In dem sibenundfünzigsten Jar an Erichtag vor samd Bregrörign
tag zu der Vasten
Übersetzung des Briefes
1 [Ich, Ulrich Euzinger von Euzing bekenne hiermit mit dem Brief und tue]
2 [kund allen denen dieser unter kommt. Als Herr Stefan Panswegl(?) Seliger, vormals (bzw. auch: damals) Soldat(?) zu]
3 [Zellerndorf gewesen ist. Zwei Weingärten gehabt hat, der eine genannte der rofpohe* (Tropolten?)]
4 [gelegen am Wulperig(?Waldberg?, später genannt Wartberg) das ein Virtal(?Viertel?) ist, wovon man mir jährlich gibt achtenhalb]
5 [Pfennig, der andere generiert(?) 8 Pfennig, gelegen in der Point das zwei Viertel (Halblehner?) groß ist, davon man]
6 [mir auch jährlich diene fünfzehn Pfennige, alles zusammen am Michaelifest (29. September), an mein Amt in]
7 [Schrattenthal, und die benannten zwei Weingärten von mir ...(zugeerbt?) sind. Also hat der ...]
8 [Herr Stephan die selben zwei Weingärten geschaffen (meint: gearbeitet??) zwei im selben Jahrtag(?). Im und all seinem]
9 [... und nach Können und alles Gehabe (Besitz?) sollen zwei und Frauen (?) nach(?) Zellerndorf(?) gehen(?)]
10 [den man jetzt und hier begehen soll, mit einer Vigili(=Wache) und neuen (neun?) herzen (Kerzen?) und am Sehambt (Vehambt?) des]
11 [Sonntag nach Sankt Johannis Tag (23. Juni) für sie bitten auf dem Predigtstuhl(?). Wehre ab dass]
12 [der Pfarrer die Weingärten nicht pachtet(?) oder den Jahrestag nicht begeht. So mag und]
13 [soll am ... des ... unserer Frau zu Zellerndorf, sich der Weingärten]
14 [... .... und letzlich davon geben einem Pfarrer das selbe am ... Pfennig]
15 [damit der Jahrtag nicht abgehe (=ausfällt?), an alle ... sind ... Pfarrer oder ...]
16 [zu Zellerndorf .... Also bestätige ich obengenannter Ulrich von Euczing die]
17 [oben genannten zwei Weingärten mit Kraft dieses Briefes, zu den obgenannten ... (Konditionen?)]
18 [unserer Frau zu Zellerndorf, was ich ... zu bestätigen habe, als dann]
19 [... ... Im Land wo Österreich Recht(?) ist, doch mir und mein ...]
20 [an unserm ... und ... ... Diese zwei ... geb]
21 [ich den Brief besiegelt mit meinem anhängenden Zunftsiegel(?). Der geben ist]
22 [zu Schrattenthal. Nach Christi Geburt Tausend Vierhundert und]
23 [gar noch im siebenundfünzigsten Jahr nach Erichtag vor Sankt Bernhardin(? 20.05.) ]
24 [Tag in der Fastenzeit?]
Der Brief enthält keinen Hinweis auf Keller oder Presshäuser, es ist daher anzunehmen, dass es sie nicht gab.
Das "Rosa Vorkappel"
Derzeit wird der angeblich älteste Keller mit Vorkappel in der Kellergasse auf 1811 datiert. Datiert wird er durch eine aufgemalte Inschrift. Die Alten des Dorfes erzählen, dass es sich um den Weinkeller der Pfarre handelte – auch dafür gibt es keine Belege. Generell ist fraglich, ob es sich nicht um einen baulichen Ausreißer handelt, wie er in Kellergassen oftmals anzutreffen ist. Denn leider gibt es damit mehrere Probleme mit der Datierung: Das Vorkappl und der Keller gehören heute Herrn Schwayer Karl. Direkt daneben befindet sich der Heurige Platz-Schwayer (kein historisches Presshaus). Es ist wahrscheinlich, dass dieses Vorkappel nicht im Besitz der Kirche, sondern vom Pfarrer für sich persönlich als Eigentum gekauft worden ist. Der Keller (ohne Presshaus) der Kirche hingegen befand sich da, wo heute der Heurige steht. Ein Bausachverständiger des Landes Niederösterreich schätzte den Errichtungszeitraum des gegenständlichen Vorkappel mit der Jahreszahl 1811 auf einen Errichtungszeitraum zwischen 1860 und 1890.


Weitere Argumente
Das Vorkappl ist nicht im Franziszeischen Kataster verzeichnet, obwohl es ein Gebäude aus Stein war. Eingezeichnet ist ein Keller daneben, dessen Reste man an der Oberfläche noch sehen kann obwohl diese stark überwachsen sind. Ein weiters eingezeichneter Keller etwas darüber, existiert nicht mehr. Es kann aufgrund des Fehlens im Franziszeiischen Kataster angenommen werden, dass das Vorkappel erst nach 1822 gebaut wurde und mit einer Phantasie-Jahreszahl versehen wurde. Ein belastbarer Beweis für ein Vorkappel aus dem Jahr 1811 ist jedenfalls nicht vorhanden. Im heute vorletzten Presshaus des zusammenhängenden Teils der Kellergasse steht eine Weinpresse, deren Inschrift auf 1831 datiert. Da die meisten Presshäuser in der Kellergasse Point auf dem Franziszeischen Kataster bereits vorhanden sind, sind diese wohl deutlich vor der "Bauernbefreiung" 1848 entstanden.
Josephinische Landesaufnahme
Auf der Josephinischen Landesaufnahme ist die Kellergasse mit der Bezeichnung „Keller“ überschrieben. Interessanter Weise scheint das Gelände hinter der Kellergasse als bestockt auf (also mit Weinreben bepflanzt) – die Hänge des Altenberges wurden also auch damals schon intensiv für den Weinbau benutzt. Jedenfalls ist somit auch die Nutzung der Kellergasse als „Gasse mit Kellern“ vor 1782 bewiesen. Wie alt die ältesten Keller sind, wird wohl weiterhin ein Rätsel bleiben. Ebenso lassen sich die ältesten Vorkappel und Presshäuser nicht einwandfrei datieren. Bewiesen ist die Nutzung als Weinbaugebiet seit mehreren hundert Jahren, jedenfalls seit dem ausgehenden Mittelalter. Ebenso ist die Nutzung von Kellern in der Gasse – zumindest für mehrere Jahrzehnte – vor der Bauernbefreiung 1848 sicher belegt.
Namensherkunft
‚Point‘ als Toponym ist im ganzen Süddeutschen Raum in den unterschiedlichsten Varianten gebräuchlich. Der Name Point (in älteren Quellen auch "Peunt"), umgangssprachlich auch "Pointnen" ist laut Wörterbuch der Gebrüder Grimm (unter dem Eintrag "Peunten") eine Bezeichnung für das Wort "machen". Der Althochdeutsche Begriff "biunta", von dem sich Point ebenfalls ableiten könnte, ist ein kleines Anwesen, eine Flur, die Umzäunt war im Eigentum eines Grundherrn (zum Beispiel der Kirche). Laut Wikipedia ist Pointler ist die ortsübliche Bezeichnung für einen Häusler, einen Kleinbauern, mit unter 10 Joch Feld. Leopoldine Gollhofer schreibt in ihrer Lehrerarbeit über Flurnamen von 1967 dazu: Point kommt vom ahd. piunta, biunda, piunt (8.Jahrhundert); mhd. biunte, biunde ist ein freies (biwund = herumgewunden) Grundstück. Später nannte man es paint, und heute sagt man point. Die Pointen waren eingefriedete Grundstücke für den Aufenthalt jener Haustiere, die nicht auf die Hutweide getrieben werden durften. Es waren kleinere, in der Nähe der Dörfer gelegene Privatgrundstücke. Pointen sind also immer in nicht allzu großer Entfernung der Dörfer zu suchen. Nach dem oberdeutschen Flurnamenbuch von Buck soll in den Pointen Kraut, Hanf, Flachs etc. gebaut worden sein, sodaß die Pointen in manchen Gegenden vielleicht die Rolle unserer Pflanzsteige hatten. In einigen Gegenden nahm die Point eine besondere Stellung ein. Sie war hinter dem Haus, eingezäunt, wurde besser gedüngt und lag nie brach. Man baute dort besondere Pflanzen, wie Krapp und Safran. Mancherorts heißt ein Teil mitten in der Point Safrangärtlein. Erst später wurde die Point zum offenen Acker. Die Josefinische Fassion kennt für diese Flur die Bezeichnung „Bojnten“.
Derzeitiger Zustand der Kellergasse und Zukunft
Derzeit gibt es noch 2 Vorkappl, 5 Keller und 16 Presshäuser in der Kellergasse, wovon nur noch eines tatsächlich bewirtschaftet wird. Ein weiteres, ein relativer Neubau, dient als Heuriger, ein anderes wurde zum Wohnhaus umgebaut und hier nicht mitgezählt. Bedauerlich ist, dass der bauliche Zustand der meisten Presshäuser renovierungsbedürftig ist. Obwohl Wasser und Strom in der Kellergasse verlegt sind, fristet die Kellergasse Point im Kellergassenreichen Zellerndorf ein Außenseiterdasein neben der bekannten Maulavern Kellergasse, eine der längsten Kellergassen des Weinviertels (neben Alberndorf und Hadres Rohrendorf bei Krems) . Mittelfristig ist leider abzusehen, dass immer mehr dieser Bauwerke in der Kellergasse verschwinden werden, denn für die Erhaltung gibt es kein tragfähiges Konzept, das die Eigentümer zu Investitionen inspiriert.